Kollaboration: Overload oder Opportunity?
Ohne Kollaboration keine Innovation. Doch wie viel Kollaboration ist gut? Gibt es ein Zuviel an Zusammenarbeit und Austausch im Arbeitsalltag? Analyst*innen wie Rob Cross, Professor of Global Leadership am Babson College, sagen: Ja! Ein „Collaboration overload“ versetzt Menschen in einen Zustand, in dem sie vor lauter Kommunikation in den unterschiedlichen Teams und Projekten nicht mehr dazu kommen, gute produktive Arbeit zu machen. Umgekehrt gibt es High Performer in Unternehmen, die auch deshalb so produktiv sind, weil sie genau das richtige Maß an Interaktion für sich gefunden haben.
Wie können Unternehmen einem Collaboration Overload ihrer Mitarbeitenden entgegenwirken? Wie High Performer halten? Und was ist wichtig, damit möglichst viele Mitarbeitende ein hohes Level an Produktivität erreichen?
Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, hilft ein Blick auf das, was Kollaboration als Arbeitsprinzip so wertvoll macht. Mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten spart den*die Einzelne*n Zeit und Energie, indem Aufgaben stärkenbasiert auf verschiedene Schultern verteilt werden. Den dadurch entstandenen Freiraum nutzen Mitarbeitende bestenfalls, um an neuen Ideen zu arbeiten und sich und die Organisation weiterzuentwickeln. Nur wenn das passiert, entfaltet Kollaboration die erwünschte Wirkung.
Was machen High Performer nun anders als andere? Wie finden sie das richtige Maß an Kollaboration und halten es auch dauerhaft?
Skillbasiert arbeiten und vernetzen
Zum einen machen High Performer sich entbehrlich. Sie kennen ihre inneren Treiber – die guten wie die weniger hilfreichen. Zu letzteren zählt etwa der Wunsch nach kurzfristiger Anerkennung, der viele immer wieder “Ja” zu noch mehr Anfragen und Projekten sagen lässt. High Performer schaffen es, sich nicht von diesen Treibern lenken zu lassen. Folglich hängen sie sich nicht in Projekte rein, die nicht ihren Prioritäten entsprechen oder von denen sie das Gefühl haben, dass andere den Job mindestens genauso gut machen können. Stattdessen suchen sie bei entsprechenden Anfragen nach Lösungen, die ohne sie selbst auskommen und greifen dabei aktiv auf ihr Netzwerk im Unternehmen zurück. Dieses Vorgehen hat nichts mit einem „Abwälzen“ von Verantwortung oder Aufgaben zu tun, sondern mit einem sinnvollen Einsatz von Skills und Ressourcen in der Organisation zum Wohle aller Beteiligten.
Lernen, Nein zu sagen
Diese Herangehensweise erfordert die Fähigkeit und den Mut, “Nein” zu sagen und Anfragen von Kolleg*innen abzulehnen, wenn sie gerade nicht zum eigenen Fokus passen. Die Journalistin Lena Marbacher hat in einem ihrer Artikel ihre ganz persönliche Einstellungsänderung vom ständigen “FOMO” (Fear of Missing Out) zum “JOMO” (Joy of Missing Out) beschrieben. Sie vergleicht das Nicht-Annehmen von Einladungen und Anfragen mit dem Gefühl, die Schule zu schwänzen, um Zeit mit Dingen und Menschen zu verbringen, die einen wirklich interessieren und mit denen man wirklich wirksam sein kann. Daraus folgt für sie auch eine andere Art der Netzwerkarbeit: weg vom defensiven „für alles Mögliche angefragt werden“ hin zu einem offensiven Zugehen auf Kolleg*innen und andere Menschen aus einem tief empfunden Interesse heraus.
Neue Qualität der Vernetzung
Der eingangs erwähnte Rob Cross hat in hunderten Interviews herausgefunden, dass Mitarbeitende, die diese Art der zielgerichteten und maßvollen Kollaboration konsequent umsetzen, oft eine ganz besondere Energie umgibt. Kolleg*innen schätzen ihren Rat und ihr gutes Netzwerk und erleben den Austausch als motivierend und beflügelnd. Denn High Performer schaffen sich durch diese smarte Zusammenarbeit die zeitlichen und kognitiven Freiräume, um anderen wirklich zuzuhören, um im Gespräch präsent zu sein und stets nach ganzheitlichen Lösungen und Möglichkeiten zum Wohle möglichst vieler Menschen zu suchen. Die Frage „Und was machst du so?“ verfängt bei ihnen nicht. Statt beliebig von den eigenen Projekten zu erzählen, spielen sie die Frage zurück: Sag mir was du genau brauchst, dann kann ich schauen, ob ich dir helfen kann – persönlich oder mit entsprechenden Kontakten aus meinem Netzwerk.
Kontrolle über die eigene Kommunikation gewinnen
Die spannende Frage ist: Kann das jede*r lernen und sich so vor dem Collaboration Overload schützen? – Grundsätzlich schon. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur. Organisationen müssen zunächst ein ehrliches Interesse daran haben, dass Mitarbeitende die Kontrolle über ihre Kommunikation und Vernetzung (zurück)gewinnen. Und daran, dass wirklich alle Mitarbeitenden sich eine Reputation auf Basis ihrer Skills aufbauen können, unabhängig von Position und Jobtitel. Dazu gehört auch, die Kommunikationskanäle im Unternehmen kritisch unter die Lupe zu nehmen und Mitarbeitende im Umgang mit neuen Tools zu schulen, die ihnen interessengeleitetes und offensives Netzwerken ermöglichen. Ein digitaler Talent Marktplatz ist hier eine tolle Möglichkeit. Warum?
- Ein Talent Marktplatz wirkt FOMO und Collaboration Overload entgegen, weil es ein interessen- und bedürfnisbasiertes Matching von Menschen mit Menschen und Menschen und Angeboten im Unternehmen gibt.
- Der Marktplatz erlaubt es Mitarbeitenden, sich gezielt im Hinblick auf bestimmte Skills zu positionieren (Reputation) und damit
- eine hohe Selbstwirksamkeit im Unternehmen zu erleben, weil sich ihnen passende Projekte und Teams präsentieren. Ein solides Selbstbewusstsein fördert wiederum die Fähigkeit, an den richtigen Stellen “Nein” zu sagen.
Talent Marktplatz beschleunigt persönliche und berufliche Entwicklung
Eine hohe Selbstwirksamkeit ist nicht nur für High Performer essentiell, um sich im Unternehmen wohl zu fühlen und dort zu bleiben. Wer es gewöhnt ist, kollaborativ zu arbeiten, möchte sich diese Arbeitsweise in einem neuen Unternehmen nicht jedes Mal mühsam erarbeiten. Gleichzeitig sollte es das Ziel von Unternehmen sein, möglichst viele Mitarbeitende zu High Performern zu machen. Denn sie führen die Organisation mit ihren Ideen in die Zukunft. Die Daten von Rob Cross und seinem Team haben aber auch gezeigt, dass es durchschnittlich zwischen drei und fünf Jahren dauert, bis Mitarbeitende das “High Performance”- Level erreichen. Zu lange, angesichts der Veränderungsgeschwindigkeit im Umfeld von Unternehmen. Ein digitaler Talent Marktplatz kann diesen Prozess massiv beschleunigen. Die Einführung in die Nutzung des Marktplatzes sollte fester Bestandteil des Onboardings sein, sodass Mitarbeitende von Beginn an selbstbestimmt ihr Netzwerk auf- und ausbauen und sich in für sie relevanten Projekten engagieren können. Der Talent Marktplatz wirkt dann wie ein Accelerator für die persönliche wie professionelle Entwicklung von Mitarbeitenden:
- für die persönliche Entwicklung, weil er auf das Prinzip „Stärken stärken“ einzahlt und Mitarbeitende darin unterstützt, sich auf wirklich relevante Kontakte und Angebote zu konzentrieren,
- für die professionelle Entwicklung, weil er ihrem Kompetenzprofil eine angemessene Sichtbarkeit verschafft und spannende neue Arbeits- und Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen aufzeigt.
Fazit: Kollaboration bleibt Key in der heutigen und zukünftigen Arbeitswelt. Richtig eingesetzt, sorgen kollaborative Arbeitsformen nicht nur dafür, dass viele gute Ideen zusammenkommen und damit das Innovationspotenzial in Unternehmen steigt. Sie erhöhen auch den Spaß an der Arbeit und entlasten den oder die Einzelne ganz konkret. Mit der so frei gewordenen Zeit und Energie lässt sich viel Sinnvolles gestalten.
Manchmal muss man Arbeit eben schwänzen, um wirklich gute Arbeit zu machen.